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Neues von Nicolai Purcel aus Hirova / Moldau

Auf unseren ersten Bericht erfolgte eine für mich unerwartete Resonanz durch viele Spender. Mehrfach wurde uns neues, sehr gutes Werkzeug angeboten. Darüber hinaus hatten wir Geldspenden erhalten. So kauften wir noch eine Bohrmaschine, und mit dem Hilfstransport vom 16. April ging das Werkzeug mit nach Moldau, wo es Marina in Empfang nahm und Nicolai persönlich übergeben konnte.

Anlässlich meines Moldauaufenthaltes im März besuchte ich Nicolai Purcel in Hirova, zusammen mit Marina. Was ich dort erlebte, verschlug mir schon die Sprache; ich kann es aber im Nachhinein berichten.
Wir trafen Nicolai in einer Behausung an, die alles zu wünschen übrig ließ. Er saß auf einem Sofa zusammen mit seiner 11 jährigen Schwester und einem 8 jährigem Bruder. Ein Freund war ebenfalls anwesend. Auf meine Frage hin, wo denn Vater und Mutter seien, ergab sich folgendes:

Nicolais Vater sei schon vor längerer Zeit verstorben. Seine Mutter hat einen neuen Mann kennengelernt, mit dem sie ein Kind hat. Sie wohne in größerer Entfernung zu seiner Ortschaft. Ein- bis zwei Mal im Monat komme sie vorbei, um etwas zu Essen zu bringen. Sie habe an ihm und seinen Geschwistern kein Interesse mehr und jetzt eine neue Familie! Nicolai erzählt, dass seine Schwester in die Schule gehe, was für ihn eine gewisse Erleichterung darstelle.

Sein 8 jähriger Bruder, der auf mich einen total verschlossenen Eindruck machte, sei eigentlich nicht existent. Auf meine Frage, was dies bedeute, teilte mir Nicolai mit, sein Bruder habe keine Geburtsurkunde und damit auch keine Identitätskarte, was zur Folge habe, dass er keinen Kindergarten besuchen konnte und deshalb auch nicht in die Schule käme.

Diese Aussage war für mich so ungeheuerlich, dass ich erst an ihr zweifelte und den Bürgermeister von Hirova beizog, der diese Aussage vollinhaltlich bestätigte. Daraufhin griff ich den Bürgermeister an und warf ihm Versäumnisse vor. Er konnte jedoch belegen, dass er die Situation der Sozialbehörde (Ministerium) gemeldet habe, von dort jedoch keine Reaktion käme. Ich fragte ihn, ob es in Moldau noch mehr solche „wandelnden Organbanken“ gäbe, was er bestätigte und verschiedenste Ursachen benannte. Eindrücklich insistierte ich und machte ihm klar, dass diese Situation Konsequenzen nach sich ziehen würde.

Tatsache ist, dass Nicolai als ein behinderter junger Mann mit 20 Jahren seine beiden Geschwister versorgt!

Mit Nicolai besprach ich die für ihn bevorstehende Operation. Ich hatte festgestellt, dass er in seinen Beinen beim Kneifen Empfindungen zeigte, die mir sagten, dass es hier möglich sein könnte, ihn durch weitere Operationen ihn so weit rehabilitieren zu können, dass er vielleicht ohne Gehstöcke gehen könnte.
Ich fragte ihn, wer denn in seiner Abwesenheit seine Geschwister versorgen würde. Sein anwesender Freund meldete sich zu Wort und versprach, dafür Sorge zu tragen. Daraufhin verpflichtete ich den Bürgermeister, hier Aufsicht zu führen, was er versprach. Durch unsere Weihnachtshilfsaktionen auch in seiner Gemeinde war ihm klar, dass wir viel bewegen können.

Mit Datum vom 22. April 2015 fand sich Nicolai auf unsere Veranlassung hin erneut in der Traumatologie ein, wo er operiert wurde.

Danach stellte sich Nicolai Purcel am 28. Mai 2015 auf unsere Veranlassung in der Rehabilitationsklinik „Neokinetica“ in Chisinau ein. Marina und ich waren anwesend und konnten uns ein Bild von der Gesamtsituation machen. Der Standard dieser Privatklinik lässt absolut nichts zu wünschen übrig. Personal und Geräte sind auf neuestem Stand. Alles macht einen kompetenten und sauberen Eindruck. Nicolai hat ein eigenes Zimmer, welches pro Tag etwa 20 Euro kostet. Für Verpflegung hat er selbst zu sorgen und kann dies auch, da er sich nach der vergangenen Operation sehr viel besser mit seinen Gehhilfen fortbewegen kann. Täglich muss er insgesamt 6 Stunden intensive Reha über sich ergehen lassen, die ihn nach eigener Aussage furchtbar anstrengen, da er eine völlig atrophierte Muskulatur hat. Sein Wille, baldmöglichst wieder ohne Stöcke laufen zu können, ist ungebrochen, und so macht er trotz der Schmerzen in vollem Umfang mit.

Insgesamt dauerte die Maßnahme 30 Tage, was uns finanziell mit ziemlich genau 2500 € zur Kasse bat.  Darüber hinaus musste sich Nicolai selbst verpflegen, was für ihn in Chisinau nicht möglich ist -und so werden wir auch diese Kosten übernehmen. Die Tatsache jedoch, dass ein so junger Mann dank der Operationen und unseres finanziellen Einsatzes, die Chance hat, vom Leben als Gehbehinderter erlöst zu sein, ist ein gewaltiges Geschenk, für das wir allen unseren Sponsoren herzlich danken. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir im einen oder anderen Fall immer wieder Spender finden, die sich bereitfinden, hier mithelfen zu wollen.

Ihr Dirk Hartig

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