Vergrößern der Bilder durch anklicken

Sozialkantine im Dorf Balauresti

Zu Beginn dieses Jahres wurde ich von einem Mann telefonisch kontaktiert, der sehr aufgeregt war. Er konnte sehr schwer den Grund seines Anrufes erklären. Ich hatte den Eindruck, dass er mir viel sagen wollte, aber er sprach, ohne den roten Faden in seiner Nachricht zu finden. Irgendwann verstand ich jedoch, dass er Hilfe braucht, nicht für ihn persönlich aber...

Unser Arbeitszeitplan in Moldau ist immer sehr voll. Abgesehen von vielen anderen projektbezogenen Aktivitäten nehmen uns die von uns betreuten 36 Patenschaftsfamilien mit viel Zeit in Anspruch. Zusammen mit dem Besuch zweier solcher Familien plante ich Mitte Februar auch einen Besuch im Dorf dieses Mannes. Sein Telefonat bezog sich auf die Frage ob es möglich wäre im Rahmen unserer humanitären Aktivitäten, von denen er hörte, ihm bei einer von ihm selbst im November 2014 eröffneten Sozialküche behilflich zu sein. Meine Ankunft plante ich bewusst eine halbe Stunde vor Mittag, um die Situation vor Ort kennenzulernen.

Als ich die Tür öffnete, stellte ich fest, dass die Nutznießer dieser Kantine, in Winterkleidung gekleidet, bereits geduldig in einem Korridor warteten, wo es zwei Tische und mehrere Stühle gab. Dieser Raum sollte das Esszimmer sein. Als ich ihn betrat, fühlte ich sofort die Kälte und Feuchtigkeit dieses Raumes.

Nach der Begrüßung der Leute, ging ich zu dem Raum, aus dem der Geruch nach Essen kam. Als ich die Tür öffnete betrat ich diesen Raum mit innerem Widerwillen. Ich konnte mir anfangs nicht vorstellen, dass wir bereit wären diese Art sozialer Kantine zu unterstützen.

Ein kleiner, kühler Raum, nasse Wände, teilweise sogar verschimmelt, bestückt mit einem kleinen Gasherd, einem Waschbecken ohne fließendes Wasser begrüßten mich, zwei Frauen waren dabei Nahrungsmittel herzurichten. Mein anfänglicher Widerwille war in meinem Gesicht schwer zu verbergen. Von Anfang an machte sich eine Atmosphäre der Unruhe bemerkbar. Herr Buza, der Mann, der mich einlud, begrüßte mich unsicher und blickte nach unten, um zu zeigen, dass er alles aus meinem Gesicht gelesen hatte.

Leider haben wir keine Möglichkeiten besser zu sein. Die Kantine lebt aus der Tasche meiner Familie und den kleinen Spenden einiger Mitbürger“, eilte er daher zu erklären. „Wir schaffen es kaum, Lebensmittel zu kaufen und für Energie zu bezahlen. Für Reparaturen, Ausrüstung, Wärme reichen uns die Mittel nicht mehr“, sagte der Mann, als ob er sich der Situation schuldig fühlte.

In diesem Moment kommt eine Frau herein, die eine große und schwere Tasche in der Hand hält. Eine der beiden Köchinnen begrüßt die Frau in der Küche. Sie beginnen die neu angekommenen Hilfsgüter zu registrieren.

Herr Buza, unser Gastgeber, erklärt, dass die Nahrungsmittelhilfe nur so funktioniere. Jemand bringt fünf Kilogramm Kartoffeln, ein anderer bringt zwei Kilogramm Bohnen, ein Dritter bringt Eingemachtes aus seinem Keller, welches er im Sommer und Herbst selbst hergestellt hat.

Irgendwann hatte ich das Gefühl, vor diesen Leuten klein zu werden und mich zu schämen. Ich habe einen beispiellosen Fall gesehen. Nicht diejenigen, die ein besseres Leben haben, haben diese Initiative ergriffen, sondern einige Menschen, die den Schmerz und die Armut kennen. Aus der weiteren Diskussion höre ich, dass die zwei Köchinnen ihre Arbeit unentgeltlich machen. Sie wechseln sich ab und werden durch andere Freiwillige ersetzt.

Insgesamt werden 25 Personen 5 mal pro Woche bedient, meistens Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Zwei Sozialhelfer, von den lokalen Behörden symbolisch bezahlt, bringen das Essen in Gefäßen und Gläsern zu anderen bettlägerigen Bedürftigen nach Hause. Mit der Absicht unbedingt zurück zu kehren, verließ ich diesen Ort. Noch am selben Tag sprachen wir mit Herrn Hartig, der von dieser Geschichte genauso bewegt war wie ich. In den kommenden Tagen wurde ein gewisser Geldbetrag überwiesen, um die Aktion dieser edlen und mutigen Initiative zu unterstützen. Selbst am orthodoxen Ostertag, der eine Woche später als Ostern im Westen begangen wird, habe ich wieder Balauresti besucht. Dieses Mal durfte Pro Humanitate, dank einer großzügigen Spende einer Frau aus Singen, einer moldauischen Familie mit 5 Kindern, eines davon ist adoptiert, eine milchspendende Kuh und deren Kalb spenden.

Der Vater dieser Kinder ist seit zwei Monate in Russland, immer noch vergeblich auf der Suche nach einem Arbeitsplatz. Die Mutter dieser Kinder brach angesichts dieser für sie enormen Spende in Freudentränen aus. „Ihr unerwartetes Geschenk ist für unsere Familie wie eine Himmelsgabe. Es ist für uns schwer unsere Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Wir haben ein Gefühl, dass auch in unserer Familie Ostern geworden ist. Von nun an, muss ich mich nicht jeden Morgen fragen, was ich meinen Kindern zu Essen geben soll”, sagte diese Frau.

 

Ihr Dirk Hartig

zurück